Florian Lerch: “Herr Professor Brem, herzlichen Dank für die Möglichkeit zu diesem Interview. Was fasziniert Sie an Ihren Forschungsbereichen Innovation und Entrepreneurship?”
Alexander Brem: Mich begeistert immer wieder, wie das Neue in die Welt kommt. Denn es gibt sehr viele Menschen, die hervorragende Ideen haben, aber nur sehr wenige, die diese wirklich umsetzen bzw. es zumindest versuchen. Mit unseren interdisziplinären und internationalen Forschungsgebieten des Instituts decken wir die notwendige Bandbreite von Kreativität bis hin zur Entwicklung neuer Industrien ab. Diese Forschung verknüpfen wir nicht nur konsequent mit der Lehre, sondern auch mit dem Transfer in die Wirtschaft. Mir ist wichtig, nicht nur über Innovation und Entrepreneurship zu sprechen, sondern auch aktiv zu werden – oder um es mit den Worten von Erich Kästner zu sagen: „Es gibt nichts Gutes außer man tut es“. Das Spektrum reicht von der Organisation unseres Instituts bis hin zur Unterstützung von Teams wie Semanux.
Florian Lerch: Das Start-up Semanux entwickelt eine Software, die es Menschen mit motorischen Einschränkungen leichter macht, im Internet zu surfen und den Computer zu bedienen. Sie begleiten uns dabei. Was macht ihrer Meinung nach die Software und das Team besonders?
Alexander Brem: Die Kompetenzen der drei Semanux-Gründer ergänzen sich hervorragend und decken mit ihrer Ausbildung und Erfahrung die wesentlichen Bereiche der Produktentwicklung ab. Mit Ihnen als Kaufmann wird das Team abgerundet, insbesondere durch Ihre Erfahrung in der IT-Beratung und mit digitalen Geschäftsmodellen. Außerdem wurde die zugrundeliegende Technologie bereits an den Endanwender*innen validiert. Das Team weiß, dass das Produkt bei der Zielgruppe einen echten Mehrwert schafft. Zwar ist die anstehende Vermarktungs- und Vertriebsarbeit oftmals der Knackpunkt bei technisch-orientierten Startups. Dafür kann das Team aber auch auf ein starkes Unterstützungsnetzwerk zurückgreifen und ist im Rahmen des EXIST Forschungstransfers ausreichend finanziert.
Florian Lerch: Semanux setzt dabei auf KI-Technologie. Ist KI nur ein Hype, der wieder vorbeigeht oder kann man darauf tatsächlich Unternehmen aufbauen?
Alexander Brem: Ich führe mir bei dieser Frage immer den Gartner Hype Cycle für Technologien vor Augen. Jede vielversprechende Technologie durchläuft einen Prozess der übersteigerten Erwartungen, der Beobachter und Anwender zeitweise desillusioniert zurücklässt, bevor sich die dann realistischen Potenziale der Technologie zeigen und durchsetzen. Wir sehen schon heute wie erfolgreiche KI Startups in Baden-Württemberg entstehen oder wie KI erfolgreich in Unternehmen etabliert wird. Es gibt aber auch Anzeichen dafür, dass sich KI-getriebene Geschäftsmodelle von den Geschäftsmodellen herkömmlicher Software Startups unterscheiden. Das macht mich als Forscher besonders neugierig.
Florian Lerch: Warum sollten junge Gründer*innen ihrer Meinung nach ihr Startup in Stuttgart gründen, und nicht irgendwo anders in Deutschland oder der Welt?
Alexander Brem: Wir haben hier am Campus Vaihingen eine unglaubliche Dichte an ausgezeichneten und Forschungs- und Lehreinrichtungen. In Summe ist das wahrscheinlich sogar einer der größten Wissenschaftscampus-Standorte in Deutschland. Die Technologien, die hier entwickelt werden, bieten immense Potenziale für Ausgründungen mit transformativem Charakter. Aufgrund der Nähe und kurzen Wege entsteht hier ein einzigartiges Netzwerk an Startups, Gründer*innen und Startup Support, was wir unter der Flagge des StartupCampus0711.de bündeln. Außerdem haben wir in Stuttgart auch weiterhin viel Industrie von Weltrang. Das hilft insbesondere den Business-to-Business Startups schon früh lokale Kunden zu gewinnen und ihre Technologien schnell in den Markt zu bringen.
Florian Lerch: Sie sind als Mentor für mehrere Start-ups tätig. Was ist Ihr wichtigster Rat für angehende Unternehmensgründer*innen?
Alexander Brem: Wir sehen immer noch viele Startups, die zu lange im Labor an ihrem Produkt feilen. Die schwäbische Eigenschaft, alles möglichst perfekt machen zu wollen, ist weiterhin sehr weit verbreitet. Daran ist grundsätzlich auch erstmal nichts dran auszusetzen. Für ein Startup birgt das allerdings die Gefahr, an den Bedürfnissen der Kund*innen vorbei zu entwickeln. Daher rate ich auch technisch orientierten Gründer*innen, früh mit potenziellen Kund*innen in Kontakt zu treten, um möglichst viel über deren reale Probleme zu lernen und das Geschäftsmodell darauf basierend zu entwickeln.
Florian Lerch: Interessant, haben sie sonst noch Tipps zum Thema Gründung?
Alexander Brem: Einfach machen :)
Spaß beiseite, wir haben ein sehr gutes Netzwerk an Coaches, die bei dieser Entscheidung mit Rat und Tat zur Seite stehen. Außerdem bieten wir viele Events und Workshop-Formate zusammen mit Gradus und anderen Partnern an, bei denen man das Thema erleben kann und vom Austausch mit erfahrenen Gründer*innen profitiert. An der Stelle kann ich allen Interessierten nur raten, bei einem der vielen Veranstaltungen vorbeizuschauen. Das hilft dann idealerweise bei der Entscheidungsfindung - und man lernt zumindest immer nette und interessante Leute kennen.
Florian Lerch: Wir bedanken uns für das Interview und freuen uns auf die weitere Zusammenarbeit mit Ihnen!
Kontakt | Das Interview erschien zuerst auf dem Blog von Semanux. |
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Melanie Minderjahn
Career Service - Inner Development, Öffentlichkeitsarbeit